Familienurlaub im wunderschönen Rovinj mit Abstecher zum Plitvicer Seen Nationalpark und kurzem Halt bei Titos Sommerresidenz.
Dieser Urlaub ist ein gutes Beispiel dafür, dass man auch ohne eigene Planung und irgendwelchen Wunschfotos, fotografisch ganz viel herausholen kann.
Das Einzige, das Anfangs 2017 klar war, war die Tatsache, dass ich mit meiner relativ neuen Partnerin und ihrer Familie in den Sommerurlaub fahren würde. Da ich sozusagen "der Neue" war, hielt ich mich möglichst aus den Entscheidungen raus. Als der definitive Entscheid auf Rovinj in Kroatien fiel, freute ich mich dann doch sehr, da ich noch nie in Kroatien war.
Nach einer ca. 13 Stündigen Autoreise parkte ich mein Auto vor der Villa, die wir gemietet hatten, wo wir gleich vom Bruder meiner Partnerin und dessen Partnerin empfangen wurden. Ein wunderschönes Haus im rustikalen Stl mit 4 Schlafzimmer, 4 Bäder, riesige Küche mit Wohnbereich und einem wunderbaren Umschwung mit Pool. Ich dachte mir, fotografieren hin oder her, für die nächsten Tage lässt es sich hier sehr gut leben.
Glücklicherweise waren wir ca. 10 Autominuten von der Stadt Rovinj entfernt. Denn so typisch südländisch und schön die Umgebung auch sein mag, so dermassen von Touristen überlaufen ist die Stadt. Klar, ein bekannter Ferienort im Sommer ist heutzutage ständig voll Touristen, aber die Menge, die sich da bereits Anfang Juni bewegte, war schon etwas Neues für mich. Etwas abseits der Stadt konnte man jedoch einiges erleben, ohne auf solch grosse Touristenmassen zu stossen. Eine Rundfahrt im Auto brachte uns z.B. zum Limski Kanal. Hatten wir noch nie gehört, sah aber sehr schön aus. Kurze Zeit später befanden wir uns ganz spontan auf einem Boot, welches uns durch das Limski Zaljev Reservat führte. Einen Wasser- wie auch einen Dinosaurierpark hat es ebenfalls in der Nähe.
Lustigerweise wurde der fotografische Höhepunkt dieses Urlaubs nicht von mir, sondern vom Bruder meiner Partnerin und dessen Partnerin eingeleitet. Da sie schon einige Tage vor uns in Kroatien waren, hatten sie die Möglichkeit etwas durch das Land zu reisen. Einer dieser Stopps war der Nationalpark Plitvicer Seen. Ein Ort mit 16 zusammenhängenden Seen, die Kaskadenförmig angeordnet sind und wohl den Meisten aus den Winnetou-Filmen bekannt. Durch verschiedene Umweltfaktoren entstehen hier immer wieder neue Barrieren zwischen den Seen und somit auch neue Wasserfälle.
Die Barrieren bestehen zu einem Grossteil aus Kalkgestein und Pflanzen. Diese dienen sozusagen als Filter für die durchströmenden Wassermassen und erklären auch das unglaublich klare, türkisblaue Wasser.
Die Autofahrt von Rovinj zum Nationalpark dauerte ca. drei Stunden und wir hatten das Gefühl, dass sie uns durch ein Stück von Kroatiens Geschichte führte. So schön die Landschaft auch war, so bedenklich stimmten uns die unzähligen Häuser, die von Einschusslöcher durchsiebt waren. Hatte man sich bisher nicht mit dem langjährigen Krieg auseinandergesetzt, wurde es einem spätestens bei diesem Anblick vor Augen geführt.
Da wir uns genug Zeit für den ganzen Park nehmen wollten, buchten wir ganz in der Nähe ein Zimmer in einer Pension. Die Besitzer waren ausserordentlich nett und so wagte ich zu fragen, warum so viele Häuser in der Umgebung verlassen sind. Ich möchte an dieser Stelle nicht zu sehr auf die Jugoslawienkriege eingehen und kürze die Erklärung, die ich prompt erhielt, stark ab. Serben und Kroaten wohnten zu Zeiten von Jugoslawien z.T. im selben Gebiet. Als der Krieg, insbesondere der Kroatienkrieg (1991-1995), wütete, flohen viele Serben aus dem heutigen Kroatien und blieben natürlich im heutigen Serbien.
Während der Besitzer der Pension redete, merkte man wie emotional er wurde und wie seine Stimme zittrig klang. Plötzlich zeigte er mit seinem Finger auf das Nachbarshaus. Er erzählte, dass Betrunkene Soldaten in einem Racheakt das ältere Ehepaar, welches damals im Haus wohnte, überfallen und angezündet haben. Was zurückbleibt ist ein komplett zerfallenes Haus, welches bis heute an die traurige Vergangenheit des Krieges erinnert.
Doch zurück zur Natur und somit zum schöneren Teil unseres Ausflugs. Da der Nationalpark jährlich ca. eine Million Besucher hat, waren auch wir nicht die Einzigen an diesen beiden Tagen. Es empfiehlt sich bereits am frühen Morgen die Wanderung zu beginnen, um den Park ohne allzu viele Menschen geniessen zu können. Ausserdem sind die Temperaturen im Sommer gerade am Morgen deutlich angenehmer.
Am Ersten Tag umrundeten wir den unteren Teil des Parks, der uns bis zum 78 Meter hohen Veliki Slap Wasserfall führte. Von dort aus sah ich weit oben im Wald einen kleinen Aussichtspunkt und machte es mir zur Aufgabe, diesen zu erreichen. Die Sicht, die sich uns da oben bot, war atemberaubend. Diese schönen Seen, umgeben von einem tiefen Grün und überall floss in Form eines Wasserfalls, ob gross oder klein, Wasser raus. Den ganzen Tag waren wir von hunderten von Leuten umgeben und nun waren wir und ein weiteres Pärchen die Einzigen, die die Aussicht genossen, obwohl wir uns nur 15 Minuten vom bekanntesten Punkt des Parks befanden. Die Aussicht war so eindrücklich, dass wir beschlossen, bei Dämmerung erneut hinzugehen und ein Foto bei Vollmond zu machen.
Am 2. Tag umrundeten wir den oberen Teil des Parks. Dank den schönen Holzstegen, die oftmals über das Wasser aber auch über Land oder kleinere Wasserfälle führen, konnte man quasi ständig die Seite wechseln. So ist der Besuch nicht ein striktes Ablaufen des Weges, sondern ein Erlebnis bei welchem man selbst mitbestimmen kann, welche Route man gehen will.
Wie so oft lohnt es sich, Augen und Ohren offen zu halten und das Gespräch mit den Einheimischen zu suchen. So konnte ich in Erfahrung bringen, dass ganz in der Nähe die zerfallene Sommerresidenz des langjährigen Staatschefs Jugoslawiens Tito war. Natürlich war nirgends ein Schild oder eine Werbung, die darauf hingewiesen hätten, die Gründe sind offensichtlich und in der Geschichte des Jugoslawienkrieges zu finden.
Entsprechend der Unbekanntheit, war auch die Strasse kaum befahrbar, die wir nach kurzer Fahrt erreichten. Löcher, Pflanzen die aus der Strasse wuchsen und Äste die ich abbrechen musste, bevor sie mir das Auto zerkratzten. bei der einen Brücke war ich sogar kurz davor, den Rückwärtsgang einzulegen und etliche Kilometer zurück in die Zivilisation zu fahren. Schliesslich war auf dem engen Strässchen, das mitten durch den Wald führte, keine Wendemöglichkeit. Glücklicherweise war der Drang diesen Lost Place zu besuchen grösser, als die Angst mit der Brücke samt Auto in die Tiefe zu stürzen.
Denn die Villa, die wie aus dem Nichts in einer Art Lichtung erschien, war jeden mühsamen Kilometer der Fahr wert. Doch bevor ich meine Faszination für diesen Ort niederschreibe, möchte ich noch etwas andere erwähnen. Die Villa wurde nicht von Bauarbeitern sondern von Kriegsgefangenen gebaut. Der Bau dauerte fünf Jahre und hat viele Menschenleben gekostet. Obwohl ranghohe Offiziere regelmässig in der Villa wohnten, logierte Tito nach der Fertigstellung nur wenige Male im Haus. Die Geschichte um Tito's Sommerresidenz ist also eher trauriger Natur.
Da das Haus nach Tito's Tod der Natur überlassen wurde, konnten wir aufgrund der Einsturzgefahr längstens nicht das ganze Gebäude begehen. Die Bereiche die wir sehen konnten, waren aber sehr imposant. Gleich beim Haupteingang führt rechts eine grosse Treppe aus Marmor in die erste Etage, während links ein langer Korridor nach vorne führt. Würde man das Gebäude von oben sehen, würde es an ein eckiges Hufeisen erinnern. Angeblich war der linke Flügel für Tito und der rechte für Gäste und hochrangige Offiziere. Die Treppe, die man oben im Bild sieht, führt in einen weiteren Korridor von dem man in die höheren Stockwerke gelangt. Der Balkon im Inneren, der sich über die ganze Länge des Wohnbereichs zieht, erreicht man ebenfalls durch einen der vielen Durchgänge, die sich am Ende der Treppe befinden. Auch im Wohnbereich wird offensichtlich, dass Marmor einen grossen Teil der Baumaterialien ausmacht. Die riesige Fensterfront macht den Raum, der höher als eine Lagerhalle ist, gemütlich hell und ermöglicht den Blick auf die Terrasse und den Garten. Auf alten Bilder erkennt man, wie schön und idyllisch der Garten damals war. Heute hat sich der umliegende Wald den ganzen Umschwung zurückgenommen und auch Teile des Hauses werden nach und nach von Pflanzen zugewachsen. Was bleibt ist ein beeindruckendes Gebäude mit einem fahlen Beigeschmack und die Erkenntnis, dass am Ende die Natur mächtiger als ein riesiges Haus ist.
Die letzten Tage useres Urlaubs verbrachten wir wieder in unserem Ferienhaus in Rovinj. Sonne, Meer und gutes Essen wie Fisch oder Spahnferkel, liessen uns neue Energien tanken um bald wieder in den Alltag zurückzukehren. Denn offensichtlich muss auch ich nicht ständig mit meiner Kamera unterwegs sein, um den Urlaub geniessen zu können.
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